Lucy Glöckner sorgt für Jubelstimmung in der IDM-Topklasse
Schleiz ist eine Reise wert. Am vergangenen Wochenende bog die Internationale Deutsche Motorradmeisterschaft (IDM) in der kleinen Stadt im Saale-Orla-Kreis ein. Die IDM ist der Höhepunkt im jährlichen Terminkalender des Schleizer Dreiecks, der ältesten Naturrennstrecke Deutschlands. Lucy Glöckner, der Neuzugang im Kawasaki Schnock Team Motorex aus Anröchte, sorgte auf dem Kurs zwischen Maisfeldern, Weizen und Solaranlage ebenfalls für Emotionen. Die 26-jährige Sächsin mit der Startnummer „69“ holte das Team aus der Superbike-Krise und punktete sofort in beiden Läufen.
Das Schleizer Dreieck ist eine andere Welt. Kein Retortenkurs, sondern Natur pur. Die Streckensicherheit ist vorhanden, aber es gibt auch deutliche Einflugschneisen im nahegelegenen Maisfeld. Deutschlands höchste Motorradstraßenrennsportserie trifft in Thüringen auf einen Retro-Charme, der innig von Fahrern und Fans geliebt wird. Denn nirgendwo sonst im Terminkalender wird ein Rennen so zelebriert und nirgendwo sonst kommen 28.500 Zuschauer an die Strecke gepilgert wie am vergangenen Wochenende.
Nach der Trennung von Romain Maitre, der die Erwartungen nicht erfüllen konnte, hatte das Kawasaki Schnock Team Motorex für die IDM Superbike 1000 hoffnungsvoll die schnelle Lucy Glöckner verpflichtet, die sich schon in der Superstock-Klasse erfolgreich behauptet hat. Obwohl sie das erste Mal in Berührung mit Kawasaki kam, machte sie sofort Nägel mit Köpfen. „Wir haben alle zusammen konzentriert gearbeitet und das hat den Erfolg gebracht. Ich wurde mit der ZX-10R freilich ins kalte Wasser geworfen, aber ich habe schwimmen gelernt. Nach dem Qualifying von der 14. Position zu starten ist zwar nicht so prickelnd, doch beim ersten Rennen war ich bei der Musik dabei.“ Glöckner kam als Sechste ins Ziel und bescherte ihrem Team nach der bisherigen Durststrecke einen Befreiungsschlag und die ersten Punkte in der Topklasse der IDM. Lauf zwei beendete sie auf dem zehnten Rang. Glöckners Resümee: „Die Kawasaki wird immer mehr zu meinem Motorrad. Ich fühle mich sicher auf ihr. Wenn ich übers Limit gehe, bleibt sie trotzdem stabil.“ Als eines der wenigen Teams ist Kawasaki Schnock mit Dunlop-Reifen unterwegs. „Kein Problem“, sagt Lucy Glöckner, „ich komme gut damit zurecht und kenne sie von meinen Einsätzen bei der Langstrecken-WM.“
Wo Licht ist, ist aber auch Schatten. Teamkollege Damien Raemy stürzte im Training. Der Schweizer erlitt einen Oberschenkelbruch und ein Schädelhirntrauma. Er kann sich nicht an den Hergang erinnern.
In der IDM Supersport 600 gab Jonas Geitner nach seinem Fußbruch, den er beim Supermototraining erlitten hatte, erstmals wieder Gas. Er wollte unbedingt sein Punktekonto füllen. Im ersten Lauf wurde der Bayer jedoch gleich zu Beginn von einem Konkurrenten abgedrängt und kam dabei zu Fall. Im zweiten Rennen wurde Geitner Vierter. „Weiter nach vorne wäre es nicht gegangen. Ich habe meinen verletzten Fuß gespürt und ab der dritten Runde auch meine Rippen. Ich bin im ersten Lauf stumpf vom Motorrad gefallen und musste im zweiten schwer die Zähne zusammenbeißen, aber ich wollte unbedingt im Ziel ankommen. Meine Gegner haben jetzt schon einen Vorsprung, allein durch die Rennen in Zolder, bei denen ich gefehlt habe, doch ich denke, dass ich schnell wieder konkurrenzfähig werde.“
In der kleinen Klasse IDM Supersport 300 machte Philippe Cavegn erneut Fortschritte. Der absolute Newcomer tritt gegen gestandene Fahrer mit internationaler Erfahrung an. Der Schweizer wirkte nach den Plätzen sechs und sieben zufrieden. „In Zolder hatte ich in jeder Runde noch zwölf Sekunden Rückstand auf die Spitzenfahrer, in Schleiz waren es noch acht, im zweiten Rennen sogar nur sechs.“ Cavegn ist 17 Jahre alt und hat sich innerhalb kürzester Zeit profiliert.
Die nächste IDM-Runde findet vom 11. bis 13. August 2017 auf dem TT-Circuit im niederländischen Assen statt.
Fotos: Dino Eisele